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Der Mikrokosmos der Musik
JOURNALIST: Was ist Dissonanz?

PETER HÜBNER: Dissonanz wird – wie Disharmonie – vom einfachen Menschen spontan erkannt. Der Klang stört ihn physisch, er fühlt sich körperlich unwohl. Grundsätzlich ist das, was der Hörer als Dissonanz empfindet, auch Teil des Harmonikalen, aber dieser Teil wird im Mikrokosmos der Musik von der Natur weit ins kaum Hörbare bis ins Unhörbare weggedrängt.

Jeder Ton besteht im Prinzip aus vielen, theoretisch aus unendlich vielen Tönen. Der ungeübte Hörer glaubt, nur einen Ton zu hören, und der geübte Hörer hört mehr Töne – also eine Art Klang. Mit Hilfe spezieller technischer Geräte lassen sich heute, im Zeitalter der Elektronik, schon recht viele Töne aus diesem sogenannten einen Ton herausfiltern und verstärkt hörbar machen – sie sind also wirklich da und keine Einbildung.

Man nennt diese Töne im Ton üblicherweise Obertöne. Und alle diese Töne stehen zueinander in bestimmten mathematischen Verhältnissen. Allgemein geht man davon aus, daß die Verhältnisse ganzzahlig sind, also 1:2:3:4:5:6 usw. . Aus diesen Verhältnissen ergeben sich dann die Intervalle, also die Abstände der Töne zueinander, und die Zahlen stellen die Frequenz- bzw. Tonhöhenproportionen dar. Der erste, der in unserem Kulturraum diese Verhältnisse im Mikrokosmos der Musik untersuchte, war vor 2500 Jahren der große Arzt, Musikwissenschaftler und Mathematiker Pythagoras.

Der erste Eindruck, der also beim Einblick in den Mikrokosmos der Musik entsteht, ist der, daß ein Ton aus vielen Tönen besteht, daß es sich also in Wirklichkeit um einen Akkord handelt, bei dem die Abstände der Töne – vom Grundton ausgehend – immer enger werden und daß sie im allgemeinen vom Grundton ausgehend immer leiser werden … bis man nichts mehr hört.

Wenn also beispielsweise ein Klavierton angeschlagen wird, dann erklingen in Wirklichkeit auf dieser einen Seite viele Töne, und das Nacheinander des Einschwingens und die Lautstärkeproportionen dieser Töne vermitteln uns den Eindruck der Klangfärbung. Wenn ich z.B. die Einschwingvorgänge des Klaviers mit Hilfe elektronischer Mittel strecke, dann entsteht der Eindruck, als handele es sich um ein anderes Instrument – beispielweise um ein Holzblasinstrument oder bei weiterer Streckung um ein Streichinstrument oder bei noch weiterer Streckung um ein Blechblasinstrument.

Wie gesagt, sind dies so in etwa die ersten ungenauen Eindrücke, die man beim Einblick in den Mikrokosmos der Musik gewinnt. Bei genauerer Betrachtung stößt man dann noch auf eine Vielfalt von Modulationen zwischen den einzelnen Tönen des Mikrokosmos der Musik und natürlich auch auf Ausschwingvorgänge.

Es ist in etwa wie beim Atom – wo man erst einmal meint, es handele sich um ein Teilchen, und bei genauerer Untersuchung feststellt, daß sich diese „Teilchen“ aus weiteren Teilchen zusammensetzen und daß sich diese „Teilchen“ wiederum aus anderen Teilchen zusammensetzen usw., usw. Schließlich spricht man auch nicht mehr so sehr von Teilchen sondern von Raumstrukturen und Zeitstrukturen und dann von Raumzeitstrukturen usw., usw.

Wenn man diese Ebenen der Betrachtung im Mikrokosmos der Musik erreicht hat, dann stellt man fest, daß die ersten Einsichten in diesem tönenden Schöpfungsbereich – mit jenem Grundton und den Obertönen – doch noch sehr ungenau waren, ja beinahe Täuschungen.

Der heutige offizielle Einblick in den Mikrokosmos der Musik, wie er an den Musikhochschulen besteht, ist äußerst begrenzt, und läßt sich in der Physik beispielsweise mit der Zeit der Mechanik vergleichen.

So ist es auch nur verständlich, daß die offizielle Fachwelt dem Mikrokosmos der Musik kein besonderes Interesse entgegenbringt, denn dieses kann nur aus einer tieferen Einsicht in diesen harmonikalen Schöpfungsbereich erwachsen. Die offizielle Fachwelt müßte also hier vergleichsweise in den Bereich der Atomphysik vorstoßen – von den subatomaren Feldern noch ganz zu schweigen.

Nun, das war ein kleiner Exkurs in sich bietende Möglichkeiten für die Musikfachleute; aber bei etwas stärkerer Einsicht in den Mikrokosmos läßt sich schon feststellen, daß die Außenbezirke des Mikrokosmos der Musik, also die Tonbereiche, die vom Grundton weiter entfernt sind, sich uns subjektiv immer mehr als Dissonanzen darstellen, während wir alles in der Nähe des Grundtons Befindliche als Konsonanz empfinden oder als harmonisch. Aber die subjektive Wahrnehmungsempfindung von Dissonanz oder Konsonanz hängt auch noch von einer ganzen Reihe weiterer Faktoren ab, die hier auszuführen zu weit ginge. Die Existenz der Dissonanz gibt durchaus Sinn, denn sie erhöht beim Hörer die Wachheit.

JOURNALIST: Ich möchte noch einmal auf die alte Frage zurückkommen: „Was ist disharmonische Musik?“

PETER HÜBNER: Disharmonische Musik ist eine Musik, die in ihren Elementen aber auch als Ganzes vom einfachen gesunden Menschen als akustisch für das Ohr, für das Gehirn, für den Organismus und letztlich auch ganzheitlich körperlich spontan als unangenehm empfunden wird.

Und wie schon früher gesagt, begründet sich dieses Phänomen der unangenehmen Empfindung darauf, daß die biologischen Systeme und so auch der Mensch selbst harmonikal strukturiert sind, daß die biologischen Prozesse harmonikal verlaufen und daß diese Organstrukturen ganz automatisch alles ablehnen, was diesem ihrem natürlichen harmonikalen Raster nicht entspricht.

Man kann sich hier eine scheinbare Unempfindlichkeit oder Abgehärtetheit anerziehen bzw. anerziehen lassen – wie wir dies ja auch von den Schwimmern, die im Winter bei Schnee in den Flüssen schwimmen oder aber auch bei den Rauchern, den Alkoholikern und den Drogenkonsu-menten vorfinden.

Aber so, wie der Organismus normalerweise und natürlicherweise spontan die Eiseskälte ablehnt und entsprechend Nikotin, Alkohol und Drogen, so lehnt er auch die ihm artfremde Struktur der Disharmonie ab.

JOURNALIST: Sie sprachen jetzt über Dissonanz und Disharmonie ...

PETER HÜBNER: Es ist sehr wichtig, zwischen Dissonanz und Dishar-monie zu unterscheiden. Mit Dissonanz bezeichnet man korrekterweise die Abkehr von den natürlichen Lautstärkeverhältnissen der Oberwellen, und mit Disharmonie bezeichnet man sinnvollerweise das Mißachten des Harmonikalen, des natürlich Harmonischen auf seiten der modernen Musikschöpfer der Avantgarde sowie der modernen Interpreten klassischer Musik.

Bei der Gruppe der Avantgarde fällt die Mißachtung vor allem tonal auf, und der einfache Hörer empfindet ihre Musik spontan als schräg, als daneben. Und bei den modernen Interpreten der klassischen Musik fällt die Mißachtung des Harmonikalen vor allem rhythmisch auf. Beides gilt aber auch mehr oder weniger für die ganze Branche der Unterhaltungs-musik – von der sogenannten Volksmusik bis hin zur Rock- und Popmusik.

                   
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