OUVERTÜRE aus: Peter Hübners Oper Gesang des Lebens Musikepos in drei Akten |
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Hymnen
der Nacht |
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Ein großes, verzweigtes und vielfach verästeltes Gerüst, dessen Vielschichtigkeit durch verbindende Leitern, Brücken, gefährliche Stege, aber auch Schluchten und andere Hindernisse mühsam organisiert scheint. Unablässig sind Menschen, Tiere und Maschinen beschäftigt, diesen unüberblick-baren und aus vielerlei Material zusammen-gepreßten Knäuel zu reparieren, zu ver-bessern, aber auch zu sabotieren und zu vernichten. Im Innern des Weltengerüstes erkennen wir die vielschichtige Struktur menschlichen Daseins, seiner Tragik und seiner Größe. Vor unseren Augen zeigt sich eine Welt des Werdens und Vergehens: die Welt als gestern heute morgen, mensch-liches Wachsen, menschliche Entartung Individuen, Familien, ganze Völkerstämme umfassend. Hier lebt der eine in der Steinzeit, sein Nachbar in der Blütezeit religiösen und philosophischen Strebens, ein Dritter ver-schreibt sich ganz einer Romantik aus Technik und der darangehängten Ideologie. Einzelne beginnen, sich den natürlichen Harmoniegesetzen des Lebens zuzuwenden. Hier demonstrieren sich menschlicher Geist und menschliche Tat neben menschlicher Ohnmacht und menschlichem Versagen. In dieser Szene ist all das eingefangen, wofür der Mensch in der Zeit der Dunkelheit sein Leben einsetzte, wofür er arbeitete, wonach er strebte; hier offenbart der Mensch größte Unwissenheit über den Sinn seines Lebens: alles das eingefangen im Alltag jener Welt. Hier zeigt
sich aber auch schon das Keimen jener Naturkräfte, welche die Harmonie
des Menschen mit sich selbst und mit seiner Umwelt Stärken. Und
das gesamte Geschehen wird durch einen im Mittelpunkte stehenden Computer,
den scheinbar wir-kungsvollsten Geist jener Zeit, in der Veränderung
emporgehalten, kontrolliert und korrigiert: veredelt. |
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Der Computer steht ewig gleichmütig dem Treiben auf dem farblosen Weltplatz gegenüber: er liefert Ergebnisse, er kennt nicht Krankheit, Tod und Schmerz, er schimpft nicht, lächelt nicht, ist sachlich, schnell, präzise, speziell und allgemein er ist umfassend. Und alle haben eins gemeinsam: versuchen. |
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Hymnen
des Gewitters |
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Mitten in diesem Geschehen erscheint der Lebensatem auf dem Platz geht auf den Computer zu und pustet ihn zur Seite. Vor Entsetzen gelähmt sehen die Menschen aus dem Gerüst diesem unfaßbaren Tun zu. Und im Nu wird das Gerüst morsch und brüchig. Die verwirrten Menschen fliehen aus ihrer Welt und erwarten den Untergang. Mit donnerndem, unendlich befreienden Getöse bricht das Gerüst zusammen. Unter den Trümmern ragt wie ein Sieges-zeichen aus der Stille ein uralter Tempel hervor. |
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Hymnen
des Tages |
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Hoch über dem Tempel erscheint wie in der Atmosphäre schwebend eine Vision; man sieht uralte vertraute Verwandte: Die Gestalten des Gewissens, der Phantasie, des freien Willens sowie des Gefühls und des Verstandes. Auf der linken Seite hoch oben, weit im Hintergrund erkennt man die mächtigen Gestalten des Gewissens, in goldenen Glanz gehüllt und reich geschmückt. |
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Ihnen gegenüber auf der rechten Seite erblickt man die weisen Gestalten des freien Willens, silbern umhüllt. In der Mitte, zwischen den Gestalten des Gewissens und des freien Willens, befinden sich die schöpferischen Gestalten der Phantasie. Etwas tiefer, auf der linken Seite, sieht man weiter vorne die fähigen Gestalten des Gefühls und des Verstandes mit langen, hellen Gewändern und einem Lichtkranz um ihre Häupter. |
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© C L A S S I C - l i f e 2000-01 | |||||||||||||||||||||||
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PETER HÜBNER |
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